Vorwort des Autors zum Buch

 

Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich das weithin unbekannt gebliebene und heute kaum mehr zugängliche Endzeitverständnis der katholisch-apostolischen Gemeinden einem größeren Leserkreis zugänglich machen. Die katholisch-apostolischen Theologen haben die Auslegung der Bibel grundsätzlich nicht mit historisch-kritischen Mitteln betrieben; deshalb ist auch hier auf eine entsprechende Arbeitsweise gänzlich verzichtet worden.

Die Visionen, die der Apokalypse ihr besonderes Gepräge verleihen, sind vor allem allegorisch und typologisch gedeutet worden. Während die Allegorese prophetische Aussagen gleichnishaft bzw. symbolisch versteht, basiert die Typologie auf der Überzeugung, daß in bestimmten Personen, Ereignissen und Sachverhalten des Alten Testaments schattenrißartige Vorbilder ("Typen") solcher Erscheinungen ("Antitypen") vorliegen, die - gleichsam auf einer höheren Stufe - in der Zeit des Neuen Bundes auftreten, darüber hinaus aber auch für das Millennium und das darauf folgende Reich Gottes in seiner endgültigen Gestalt von Bedeutung sein können. So deutete z.B. Jesus das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld oder den "Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer" allegorisch. Das Verhältnis Adams zu Christus, die Bestandteile des isralitischen Wüstenheiligtums oder auch die Erfahrungen der Israeliten, die in der Wüste ungehorsam geworden waren, haben dagegen typologischen Charakter: Adam, die Stiftshütte und die Geschichte Israels können - auf je verschiedene Weise - als beispielhafte "Modelle" konkreter zukünftiger Geschehnisse bzw. Tatbestände verstanden werden.

Wenn die katholisch-apostolischen Schriftausleger die Visionen der Apokalypse auch in erster Linie allegorisch und typologisch gedeutet haben, so wurde dies doch nie so verstanden, daß nicht auch Erklärungen, die dem buchstäblich-wörtlichen Sinn Rechnung tragen, ihre Berechtigung hätten. Vielmehr wurde stets betont, daß biblische Prophetien sich auf verschiedenen, einander ergänzenden Bedeutungsebenen erfüllen können.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die vorliegende Arbeit in keiner Weise den Anspruch erhebt, eine durch die katholisch-apostolischen Gemeinden anerkannte oder gar autorisierte Auslegung zu sein. Vielmehr handelt es sich um das Ergebnis der selbständigen Forschung eines nicht zu den Gemeinden gehörenden evangelisch-lutherischen Theologen. Allen an Endzeitfragen Interessierten wird das Studium katholisch-apostolischer Eschatologie neue und erstaunliche Perspektiven aufzeigen. Die hier vorgelegte Auslegung der Offenbarung läßt ein geschlossenes und stimmiges Gesamtbild erkennen. Sie bietet zu verschiedenen Schlüsselstellen höchst bemerkenswerte Erklärungen, die es wert sind, gründlich durchdacht zu werden.

Volker Meldau

Inhaltsverzeichnis des Buches (1)